Prüfintervall vom Kunden vorgegeben?

15.03.2022 00:01 Uhr

Im Rahmen von Wiederholungsprüfungen stellt die Ermittlung von Prüffristen einen wichtigen Aspekt dar. Die Verantwortlichkeit liegt dabei bei den Unternehmern. Es ist jedoch angebracht, dass sich Unternehmer von Fachleuten beraten und diese Ergebnisse in ihre Entscheidungen einfließen lassen.

Ein Verwaltungsunternehmen möchte in einer Schule pauschal ein Prüfintervall von zwei Jahren festlegen. Die DGUV hat hierfür allerdings eine andere Prüffrist definiert. Wie verhält es sich nun mit den Prüffristen, kann der Prüfer diese z. B. für Schulen einfach selbst festlegen?

Unternehmer und Prüfperson

Diese Problemstellung bezieht sich auf die Wiederholungsprüfung elektrischer Betriebsmittel. Wir gehen im Folgenden auf die rechtlichen und organisatorischen Vorgaben sowie die Prüffristenermittlung bei den wiederkehrenden Prüfungen von elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln ein. Es soll versucht werden, eine Übersicht zu schaffen und die Verantwortungsbereiche des Unternehmers und der Prüfperson zu erläutern. Ein erheblicher Teil zur Lösung dieses Problems findet sich in der DGUV Information 203-071 »Wiederkehrende Prüfungen elek­trischer Anlagen und Betriebsmittel Organisation durch den Unternehmer«.

Rechtliche Vorgaben

Grundsätzlich ist der Unternehmer dafür verantwortlich, elektrische Anlagen und Betriebsmittel in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten. Der Unternehmer ist dabei derjenige, auf dessen Weisung und Rechnung das Unternehmen handelt, dem das Ergebnis unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht (siehe SGB VII § 36 Abs. 3), welcher das Risiko trägt und der die Unternehmensziele bestimmt sowie über Personal- und Sachmittelhoheit verfügt. Nach §5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und §3 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) sowie der DGUV Vorschrift 1 (BGV A1) – »Grundsätze der Prävention« hat der Unternehmer in einer Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, welche Maßnahmen dazu getroffen werden müssen. Eine dieser Maßnahmen kann die Durchführung von wiederkehrenden Prüfungen sein.

Das elektrische Anlagen und Betriebsmittel auf ordnungsgemäßen Zustand wiederkehrend geprüft werden müssen, ergibt sich auch aus den §§ 14…17 BetrSichV und dem §5 der Unfallverhütungsvorschriften der DGUV Vorschrift 3 (BGV A3) und DGUV Vorschrift 4 (GUV-V A3) – »Elektrische Anlagen und Betriebsmittel«. Dabei gilt die DGUV Vorschrift 3 für gewerbliche Unternehmen, also Unternehmen mit Versicherten bei den Berufsgenossenschaften (BG), und die DGUV Vorschrift 4 für kommunale Institutionen wie Kitas, Schulen, Behörden und andere öffentliche Institutionen, also mit Versicherten bei der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV).

Management der wiederkehrenden Prüfungen

Die DGUV Information 203-071 von Januar 2020 enthält eine aussagekräftige Grafik (Bild). Hier haben die Unfallversicherungsträger die Vorgaben für den Unternehmer (Dunkelblau) und den Verantwortungsbereich für die Prüfperson (Hellblau) in einer schematischen Darstellung übersichtlich dargestellt und zu jedem Punkt in dieser Information Erläuterungen dazu gegeben.

Am Anfang steht immer die Gefährdungsbeurteilung durch den Unternehmer, im Übrigen nicht nur für die Arbeitsmittel, sondern auch für die Gefährdungen durch unternehmensbezogene Gegebenheiten und Gefahren für die Prüfperson. Bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung ist es erforderlich, bei fehlender fachlicher Qualifikation des Unternehmers, fachkundige Beratung bzw. Unterstützung durch Fachkräfte hinzuzuziehen oder verantwortliche Fachkräfte dafür zu bestellen. Im Falle der Wiederholungsprüfung von Arbeitsmitteln wäre dies die beauftragte Prüfperson oder z. B. eine bestellte verantwortliche Elektrofachkraft im Unternehmen. Die Prüfperson ist dabei in jedem Fall eine »zur Prüfung befähigte Person« für die elek­trischen Arbeitsmittel nach TRBS 1203, z. B. eine Person mit elektrotechnischer Berufsausbildung oder eine Person, die über eine andere, für die vorgesehenen Prüfaufgaben ausreichende elektrotechnische Qualifikation und Berufserfahrung (mindestens ein Jahr) sowie zeitnaher beruflicher Tätigkeit zum Prüfen verfügt – also eine Elektrofachkraft.

Prüffristen als Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung

In der Gefährdungsbeurteilung werden die Prüffristen für elektrische Anlagen und Arbeitsmittel festgelegt. Als Entscheidungshilfe für die Festlegung von Prüffristen können die Empfehlungen aus den Durchführungsanweisungen zu § 5 der DGUV Vorschrift 3 und 4 herangezogenen werden. Die dort in

  • Tabelle 1A für die Wiederholungsprüfungen ortsfester elektrischer Anlagen und Betriebsmittel und
  • Tabelle 1B für die Wiederholungsprüfung ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel

angegebenen Prüffristen haben aber nur ­orientierenden Charakter. Sie gelten für normale Betriebs- und Umgebungsbedingungen.

Ein deutlicher Hinweis auf Seite 31 der DGUV-Information 203-071 lautet dazu: »Prüffristen sind keine Wunschfristen! Die Prüffristen sind so zu bemessen, dass entstehende Mängel, mit denen gerechnet werden muss, rechtzeitig festgestellt werden. (§5 Abs.1,2. DGUV Vorschrift 3 und 4)«. Diese Forderung kann dazu führen, dass die tatsächlichen Prüfristen gegenüber den Richtwerten der Tabellen je nach betrieblicher ­Situation deutlich verkürzt werden müssen oder aber auch verlängert werden können. Die beiden Bestimmungen DGUV Vorschrift 3 (BGV A3) und DGUV Vorschrift 4 (GUV-V A3) enthalten zahlreiche Beispiele für Prüffristen sowohl für ortsveränderliche als auch ortsfeste elektrische Betriebsmittel.

Jede Prüfung benötigt eine Ablaufplanung

Der Unternehmer erstellt die Ablaufplanung der Prüfung und stimmt diese mit der Prüfperson ab. Dabei sind die betrieblichen Abläufe zu berücksichtigen und eventuelle Gefahren zu erläutern. Es sollte auch vor der Prüfung geklärt sein, wie z. B. mit privaten elektrischen Geräten der Mitarbeiter zu verfahren ist. Werden diese vom Unternehmer zugelassen, müssen diese ebenfalls einer Prüfung unterzogen und auch in die Fehlerquote mit einbezogen werden. Wie mit elektrischen Betriebsmitteln zu verfahren ist, welche die Prüfung nicht bestanden haben, ist ebenfalls vom Unternehmer festzulegen.

Verantwortungsbereich der Prüfperson

Nach erfolgter Ablaufplanung der Prüfung beginnt der Verantwortungsbereich der Prüfperson. Die durchzuführenden Prüfungen werden dabei in Ordnungsprüfungen und Technische Prüfungen unterschieden. Ordnungsprüfungen umfassen dabei z. B.:

  • die Prüfung der erforderlichen Unterlagen, die für eine Prüfung notwendig sind,
  • die Dokumentationen der vorhergehenden Prüfungen,
  • eventuell vorgenommene Änderungen,
  • Auswahl und Betrieb der Betriebsmittel nach Einsatzbedingungen,
  • Einsatz der Betriebsmittel nach Gefährdungsbeurteilung und
  • Prüfung erforderlicher Prüfparameter, z. B. Prüfumfang und Prüffrist.

Die Technischen Prüfungen umfassen immer Besichtigen auf augenscheinliche Mängel, Messen der Parameter nach der jeweils gültigen Prüfnorm – z. B. Schutzleiter- und Isolationswiderstand – und Erproben der Funktion sowie aller Sicherheitseinrichtungen. Für die praktische Durchführung der Prüfungen stellen die Unfallkassen ebenfalls DGUV Informationen zur Verfügung, und zwar:

DGUV Information 203-70 »Wiederkehrende Prüfungen ortsveränderlicher elek­trischer Betriebsmittel – Fachwissen für Prüfpersonen« und 203-072 »Wiederkehrende Prüfungen elektrischer Anlagen und ortsfester Betriebsmittel – Fachwissen für Prüfpersonen«.

Am Ende steht die Dokumentation der Prüfergebnisse an

Die Prüfergebnisse werden von der Prüfperson dokumentiert. In der Dokumenta­tion müssen durch die Prüfperson notwendige Hinweise zum Weiterbetrieb gegeben werden, z.B. Nachrüstung, Mängelbeseitigung oder Stilllegung. Die Verantwortung für die Instandsetzung, Außerbetriebnahme oder den Weiterbetrieb trägt aber der Unternehmer.

Durch Aufzeichnung der Messwerte und Messverfahren im Rahmen der Dokumentation lassen sich Veränderungen des Zustandes der elektrischen Anlage oder Betriebsmittel darstellen und Prüffristen bestätigen oder korrigieren. Ortsveränderliche Betriebsmittel, nichtstationäre Anlagen und eventuell auch Teile einer elektrischen Anlage sollten mit einer Prüfplakette, auf der der nächste Prüftermin gekennzeichnet ist, versehen werden, um auch den Benutzern die Mitwirkung bei der Überwachung der Prüffristen zu ermöglichen.

Bei der Fehlerauswertung von geprüften elektrischen Betriebsmitteln wird von der Prüfperson dann die Fehlerquote ermittelt. Dies sollte so erfolgen, dass bestimmte Betriebsbereiche z. B. mit ähnlichen Umgebungsbedingen betrachtet werden. Dies wäre am Beispiel einer Schule z. B. die Aufteilung in Bürobereiche, Unterrichtsräume, Bereich Technikunterricht, Küche usw. – also ähnlich der Arbeitsbereiche der Tabelle 1B der DGUV Vorschrift 4. Auf Grundlage der ermittelten Fehlerquote und örtlichen Betriebs- und Umgebungsbedingungen bewertet die Prüfperson nun die Prüfergebnisse. Diese Bewertung wird dem Unternehmer mit der Dokumentation übergeben. Empfehlenswert wäre dabei die Mitarbeit bei der Gefährdungsbeurteilung zur Prüffristenermittlung jetzt anzubieten. Hier endet der Verantwortungsbereich der Prüfperson.

Prüffristenermittlung mittels Bewertung

Die Bewertung der Prüfperson mit z. B. empfohlenen Prüffristen dient dem Unternehmer nun als Grundlage zur Präzisierung der Gefährdungsbeurteilung und trägt damit zur Anpassung der Prüffristen bei. Diese können von den Richtwerten aus den Tabellen 1A und 1B abweichen. In der DGUV Vorschrift 3 gibt es diesbezüglich folgenden Hinweis zur Tabelle 1B: »Beträgt die Fehlerquote höchstens 2%, kann die Prüffrist als ausreichend angesehen werden.« Bei einer Fehlerquote über 2 % sollte demnach die Prüffrist verkürzt werden.

Ebenso ist es aber auch möglich, Prüf­fristen zu erhöhen. Werden durch eine gute Dokumentation der Ergebnisse nachweislich (z. B. mehrfach 0 % Fehler) bei den Prüfungen in bestimmten Betriebsbereichen (z. B. in Büros) ermittelt, kann dies sogar über eine Verdopplung der Richtwerte hinausgehen. Abweichungen von den Richtwerten der Tabellen 1A und 1B der DGUV Vorschriften 3 und 4 und den Empfehlungen der Prüf­person sind aber vom Unternehmer zu begründen. Es kann auch möglich sein, dass die Zeitspanne zwischen wiederkehrenden Prüfungen durch gesetzliche oder andere Bestimmungen festgelegt ist, z. B. Prüfverordnungen der Bundesländer oder Regelungen der Sachversicherer – z. B. VdS-Prüfungen. Letztlich gilt jedoch laut DGUV Information 203-071: »Für die Einhaltung und Plausibilität der Prüffristen ist der Unternehmer verantwortlich«.

Fazit

Das Festlegen einer generellen zweijährigen Prüffrist für eine Schule widerspricht den Richtlinien der DGUV Vorschrift 4 und dem Prüfmanagement nach DGUV Information 203-071. Eine Schule besteht aus mehreren Arbeitsbereichen und sollte auch differenziert bei der wiederkehrenden Prüfung elektrischer Betriebsmittel betrachtet werden. Gibt es in der Schule z. B. eine Küche zur Pausenversorgung, so müssten die Arbeitsmittel dieses Bereiches sogar halbjährlich geprüft werden. Zusätzlich werden durch eventuell schadhafte elektrische Geräte nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Schüler gefährdet.

Auswirkungen eines Stromunfalls auf Kinder sind in jedem Fall noch gefährlicher als auf Erwachsene. Nach einem Stromunfall hat sich der Unternehmer gegenüber der zuständigen Unfallversicherung oder sogar dem Staatsanwalt zu rechtfertigen. Der Unternehmer muss nachweisen, die gesetzlichen Vorgaben und die Vorschriften der Unfallversicherungsträger und eventuell auch Sachversicherer eingehalten zu haben. Und dazu zählt eben auch eine plausible Prüffristen­ermittlung für wiederkehrende Prüfungen.

Der Prüfer legt also die Prüffristen nicht fest, aber er prüft diese, gibt dementsprechende Hinweise und schlägt eine Prüffrist vor. Stellt er bei den Wiederholungsprüfungen fest, dass die Prüffristen zu lang sind, sollte er dies dem Unternehmer schriftlich mitteilen. Es gibt verschiedene Wege, den Unternehmer auf geltende Prüffristen hinzuweisen – sowohl schriftlich als auch mündlich. Im einfachsten Fall sendet man ihm die DGUV Information 203-071 zu. Diese gibt es kostenfrei im PDF-Format bei der Unfallversicherung.

FÜR SCHNELLLESER

  • Wiederkehrende Prüfungen benötigen ein Management seitens des Prüfers
  • Die Gefährdungsbeurteilung ist unumgänglicher Bestandteil der Prüffristenermittlung

QUELLE:

de – das elektrohandwerk

AUTORIN:

Anne-Kathrin Bareuther, Berlin, Autorin der Rubrik Praxisprobleme