Schutzpotentialausgleichsleiter in SK-I-Schaltschrank

26.08.2022 00:01 Uhr

Müssen Hutschienen, auf denen sich Reihenklemmen befinden, im Schaltschrank jeweils separat geerdet werden oder genügt die Verbindung der Hutschiene zur metallischen Montageplatte? Diese Verbindung ist mittels Federring aufgebaut (Bild 1). Der Schutzleiter wird an der PE-Einspeiseklemme angeschlossen. Muss man nun die beiden Hutschienen rechts daneben nochmals separat verbinden?

C.M., Bayern

ANTWORT

Planung und Konzeption

Zur Beantwortung dieser Praxisanfrage muss die grundsätzliche Vorgehensweise bei der Planung und Konzeption von Niederspannungsschaltgerätekombinationen nach DIN EN 61439-1/2 oder auch nach DIN EN 61439-3 je nach Anwendungsfall in Bezug auf die Auslegung der Schutzleitersystems betrachtet werden. Im Bereich der Anwendung der Maschinenrichtline wäre dann die Anforderungen der aktuellen DIN EN 60204-1 in Bezug auf die Auslegung der Schutzleitersystems relevant.

Unabhängig von den normativen Anforderungen ist es sehr häufig üblich, solche Ausführungsvarianten über vertragliche Regelung oder »Werksnormen« zu definieren. Nachfolgend werden somit nur die normativen Schutzzielanforderungen der aktuellen DIN EN 61439-1 dargestellt, auch die DIN EN 60204-1 enthält im Grunde vergleichbare Anforderungen.

Arten der Verbindung

Hierzu soll uns folgender Auszug aus DIN EN 61439-1:2021-10, Abschnitt 8.4.3.2.2, nützen: »Anforderungen für die durchgehende Schutzleiterverbindung zum Schutz gegen die Folgen von Fehlern innerhalb der Schaltgerätekombination in Schutzklasse I Alle Körper der Schaltgerätekombination müssen miteinander und mit dem Schutzleiter der Stromversorgung verbunden sein oder durch einen Erdungsleiter mit der Erdungseinrichtung.

Diese Verbindungen dürfen durch metallene Schraubverbindungen, geschweißte oder andere leitende Verbindungen oder durch einen gesonderten Leiter zur Herstellung der Erdverbindung hergestellt werden.

Bei Metallteilen der Schaltgerätekombination, die mit einer besonders widerstandsfähigen Oberfläche versehen sind (z.B. Leitungseinführungsplatten mit Pulverbeschichtung) erfordert die Herstellung einer durchgehenden Erdverbindung das Durchdringen oder Entfernen der Beschichtung. Das Verfahren zum Nachweis der durchgehenden Erdverbindung zwischen den Körpern der Schaltgerätekombination und dem Schutzleiter ist in 10.5.2 beschrieben.

Für die Durchgängigkeit dieser Verbindungen muss gelten:

a) Wenn ein Teil der Schaltgerätekombination, z. für Wartungs-/Instandhaltungsarbeiten, entfernt wird, dürfen die Erdverbindungen für die übrigen Teile der Schaltgerätekombination nicht unterbrochen werden. Befestigungsmittel der verschiedenen Metallteile der Schaltgerätekombination gelten für die durchgehende Erdverbindung als ausreichend, wenn eine dauerhafte gute Leitfähigkeit gesichert ist. Flexible oder biegsame Metallinstallationsrohre dürfen nur als Erdungsleiter verwendet werden, wenn sie für diesen Zweck konstruiert sind.

b) Bei Deckeln, Türen, Abschlussplatten u.ä., an denen keine elektrischen Betriebsmittel befestigt sind außer Betriebsmittel, welche Teil eines PELV- oder SELV-Systems sind, gelten die üblichen Schraubverbindungen und Scharniere aus Metall als ausreichend für die durchgehende Erdverbindung.«

Somit ist es dem Planer bzw. Errichter der Niederspannungsschaltgerätekombination freigestellt, welche Variante er nach DIN EN 61439-1:2021-10 Abschnitt 8.4.3.2.2 zur Umsetzung der dauerhaften Durchgängigkeit der Schutzleiterverbindungen umsetzt, soweit der Nachweis nach DIN EN 61439-1:2021-10, Abschnitt 10.5.2, hiermit geführt werden kann.

Durchgängigkeit der Verbindung prüfen

Anhand eines nächsten Auszugs aus DIN EN 61439-1:2021-10, Abschnitt 10.5.2, betrachten wir eine weitere Anforderung: »Durchgängigkeit der Verbindung zwischen Körpern der Schaltgerätekombination in Schutzklasse I und dem Schutzleiterkreis: Es muss nachgewiesen werden, dass die verschiedenen Körper der Schaltgerätekombination wirksam mit dem Anschluss des ankommenden äußeren Schutzleiters verbunden sind. Zum Nachweis muss ein Widerstandsmessgerät verwendet werden, das einen Strom von mindestens 10A (Wechselstrom oder Gleichstrom) liefern kann. Der Strom fließt von jedem Körper zu dem Anschluss für den äußeren Schutzleiter. Der Widerstand darf 0,1Ω nicht überschreiten.

Es wird empfohlen, die Dauer der Prüfung zu begrenzen, wenn Betriebsmittel für kleine Ströme eingesetzt sind, anderenfalls könnten diese bei der Prüfung nachteilig beeinträchtigt werden.«

Ausführung von Schutzleitern

Zu guter Letzt noch ein Auszug aus DIN EN 60204-1:2019-06 Abschnitt 8.2.2: »Schutzleiter müssen entsprechend 13.2.2 identifizierbar sein. (…) Kupferleiter sind vorzuziehen. Wenn ein anderer Leiterwerkstoff als Kupfer verwendet wird, darf sein elektrischer Widerstand je Längeneinheit nicht den des zulässigen Kupferleiters überschreiten. Der Querschnitt solcher Leiter darf aus Gründen der mechanischen Haltbarkeit nicht kleiner als 16mm2 sein. Metallene Gehäuse, Montagerahmen oder -platten der elektrischen Ausrüstung, die an das Schutzleitersystem angeschlossen sind, dürfen als Schutzleiter verwendet werden, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind:

  • die elektrische Durchgängigkeit muss durch Konstruktion oder durch angemessene Verbindung sichergestellt sein, so dass ein Schutz gegen mechanische, chemische oder elektrochemische Alterung gewährleistet ist;
  • die Anforderungen entsprechend IEC 60364-5-54:2011, 543.1, müssen berücksichtigt sein;
  • diese müssen den Anschluss anderer Schutzleiter an vordefinierten Anschlusspunkten erlauben. Der Querschnitt der Schutzleiter muss entweder in Übereinstimmung mit IEC 60364-5-54:2011, 543.1.2, berechnet werden, oder in Übereinstimmung mit Tabelle 1 (siehe 5.2) ausgewählt werden. Siehe auch 8.2.6 und 17.2 d).«

Sämtliche vorab aufgeführte Anforderungen können in der Regel auch problemlos über interne mechanische Schutzleiter­verbindungen realisiert werden.

Zum konkreten Sachverhalt der Anfrage

Es ist aus formalen Gründen zwischen der Anwendung der DIN EN 61439-1:2021-10 für Niederspannungsschaltgerätekombination oder Energieverteiler-Steuerverteiler im Bereich der Anwendung der Maschinenrichtline nach DIN EN 60204-1:2019-06 zu unterscheiden. Infolgedessen ist dann konsequent die jeweils zugehörige Norm zur Anwendung zu berücksichtigen.

© Ziegler und C. M., Bayern

Das Bild 2 soll die Situation der Anfrage noch einmal präzisieren. Betrachten wir nun die Schutzleiterquerschnitte innerhalb von Niederspannungsschaltgerätekombination. Sie gelten auch für mechanische Teile, die als interne Schutzleiterverbindungen – wie z. B. Hutschienen – verwendet werden. Für diese Schutzleiterquerschnitte sind die Anforderungen des Abschnittes 8.4.3.2.2 bzw. der Tabelle 3 einzuhalten. Die hier verwendeten Hutschienen entsprechen einem zugehörigen Schutzleiterquerschnitt von 10 mm2 Cu.

Fazit

Soweit nicht gegenteilige Festlegungen in vertraglichen Vereinbarungen oder verbindlich anzuwenden Werksnormen gegeben sind, wäre es nach den normativen Vorgaben der DIN EN 61439-1:2021-10, Abschnitt 8.4.3.2.2 und Abschnitt 10.5.2, oder nach DIN EN 60204-1:2019-06 Abschnitt 8.2.2 zulässig, eine interne Schutzleiterverbindung gemäß der obigen Fragestellung zu realisieren. Wie vom Anfragenden beschrieben, dürfte eine mechanische Schutzleiterverbindung zwischen den auf der Montageplatte befestigten Hutschienen ausgeführt werden.

Der Planer bzw. Errichter der Niederspannungsschaltgerätekombination trägt die Verantwortung, welche der Variante er zur Umsetzung der dauerhaften Durchgängigkeit der Schutzleiterverbindungen umsetzt:

  • nach DIN EN 61439-1:2021-10, Abschnitt 8.4.3.2.2, oder
  • DIN EN 60204-1:2019-06, Abschnitt 8.2.2.

Soweit der Nachweis vom Planer nach DIN EN 61439-1:2021-10, Abschnitt 10.5.2, oder DIN EN 60204-1:2019-06, Abschnitt 18.2.2, geführt werden kann, wäre dies nicht zu beanstanden

QUELLE:

de – das elektrohandwerk

AUTOR:

Frank Ziegler, Elektrotechnikermeister. ö. b. u. v. Sachverständiger der HWK Stuttgart für das Elektrotechniker-Handwerk. VDS Sachverständiger zum Prüfen elektrischer Anlagen nach VDS 3602 und VDS Thermografie-Sachverständiger.