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Wohnraumlüftung nach DIN 1946-6 richtig planen

Schluss mit Schimmel & Co.

31.10.2025

Die effektive Belüftung von Wohnräumen spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit der Bewohner und den langfristigen Erhalt der Bausubstanz. In Deutschland regeln zwei maßgebliche Normen die Anforderungen an die Lüftungsplanung: Die DIN 1946-6 definiert die Standards für die ganzheitliche Auslegung der Lüftung in der gesamten Nutzungseinheit, während die DIN 18017-3 spezifische Vorgaben für die Belüftung innenliegender Bäder und Toiletten enthält. Dieser erste Teil der zweiteiligen Beitragsserie konzentriert sich auf die praktische Anwendung der DIN 1946-6 und bietet eine strukturierte Anleitung zur Erstellung normkonformer Lüftungskonzepte für verschiedene Lüftungssysteme, von natürlicher bis zu ventilatorgestützter Lüftung.

Inhaltsverzeichnis und Quicklinks

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) macht luftdichtes Bauen zur Pflicht – eine Maßnahme, die sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvoll ist. Durch die Verhinderung unkontrollierter Luftströme werden Heizkosten reduziert und CO₂-Emissionen gesenkt. Diese Bauweise bringt jedoch eine entscheidende Herausforderung mit sich: Der natürliche Luftaustausch, der in älteren Gebäuden durch Undichtigkeiten automatisch stattfand, wird weitgehend unterbunden.

Diese Entwicklung führt dazu, dass gelegentliches Fensterlüften nicht mehr ausreicht, um den notwendigen Feuchteschutz zu gewährleisten. Ohne ausreichenden Luftwechsel können sich Schimmel und Pilze entwickeln, die nicht nur kostspielige Bauschäden verursachen, sondern auch erhebliche Gesundheitsrisiken für die Bewohner darstellen.

Hier setzt die DIN 1946-6 an, die einen systematischen Ansatz zur Lösung dieses Problems bietet.

Anwendungsbereich und Geltung der DIN 1946-6

Die Norm DIN 1946-6 gilt umfassend für alle Arten von Wohngebäuden, einschließlich Ein- und Mehrfamilienhäuser sowohl im Neubau als auch in der Sanierungsphase. Darüber hinaus findet sie beispielsweise auch Anwendung bei Wohn-, Alten- und Pflegeheimen. Die Norm fordert den verbindlichen Nachweis eines genormten Lüftungskonzepts, das den notwendigen Mindestluftwechsel bezüglich Hygiene und Gebäudeschutz auch bei Abwesenheit der Bewohner sicherstellt.

Bei Neubauten muss das Lüftungskonzept bereits in der Planungsphase erstellt werden. Für Sanierungsvorhaben wird ein Lüftungskonzept erforderlich, sobald mehr als ein Drittel der Fenster ausgetauscht oder mehr als ein Drittel der Dachfläche neu abgedichtet wird. Bei Mehrfamilienhäusern erfolgt die Betrachtung für jede einzelne Wohneinheit separat.

Eine Möglichkeit zur Gewährleistung des notwendigen Luftaustauschs nach DIN 1946-6 ist die Installation eines zentralen Lüftungssystems mit Wärmerückgewinnung. Hierbei versorgt ein Lüftungsgerät die einzelne Wohneinheit (Bild 1) oder das gesamte Wohngebäude mit frischer Luft
(Bild 2).

Bild 2: Installation eines zentralen Lüftungssystems mit Wärmerückgewinnung – hierbei versorgt ein Lüftungsgerät die einzelne WohneinheitQuelle: Helios Ventilatoren

Bei Neubauten muss das Lüftungskonzept bereits in der Planungsphase erstellt werden. Für Sanierungsvorhaben wird ein Lüftungskonzept erforderlich, sobald mehr als ein Drittel der Fenster ausgetauscht oder mehr als ein Drittel der Dachfläche neu abgedichtet wird. Bei Mehrfamilienhäusern erfolgt die Betrachtung für jede einzelne Wohneinheit separat.

Eine Möglichkeit zur Gewährleistung des notwendigen Luftaustauschs nach DIN 1946-6 ist die Installation eines zentralen Lüftungssystems mit Wärmerückgewinnung. Hierbei versorgt ein Lüftungsgerät die einzelne Wohneinheit (Bild 1) oder das gesamte Wohngebäude mit frischer Luft
(Bild 2).

Das Herzstück: Die vier Lüftungsstufen

Die DIN 1946-6 basiert auf einem durchdachten System von vier Lüftungsstufen, die unterschiedliche Intensitäten des Luftwechsels definieren. Diese Abstufung berücksichtigt unterschiedliche Nutzungsbedingungen und basiert auf umfangreichen Untersuchungen sowie langjähriger Erfahrung im Wohnungsbau.

Lüftungsstufe 1 – Lüftung zum Feuchteschutz (FL)

Die erste Lüftungsstufe stellt die Grundversorgung der jeweiligen Räumlichkeit dar. Sie gewährleistet eine ausreichende Lüftung des Gebäudes in Abhängigkeit vom Wärmeschutzniveau und zielt primär auf die Vermeidung von Bauschäden durch Feuchtigkeit ab.

Diese Stufe muss dauerhaft und völlig unabhängig vom Nutzerverhalten funktionieren, auch bei zeitweiliger Abwesenheit der Bewohner und reduzierten Feuchtelasten (keine Wäschetrocknung).

Lüftungsstufe 2 – Reduzierte Lüftung (RL)

Die zweite Stufe sichert die notwendige Lüftung für gesundheitliche Mindestanforderungen sowie den Bautenschutz gegen Feuchteschäden bei reduzierter Anwesenheit der Nutzer oder wenn eine geringere Raumluftqualität akzeptabel ist. Auch diese Stufe muss kontinuierlich und automatisch gewährleistet werden.

Lüftungsstufe 3 – Nennlüftung (NL)

Mit der dritten Stufe wird der Normalbetrieb abgedeckt. Sie stellt die notwendige Lüftung zur vollständigen Erfüllung der gesundheitlichen Anforderungen sowie des Bautenschutzes bei Anwesenheit aller Nutzer dar und bildet die Auslegungsstufe für mechanische Lüftungssysteme. Erstmals kann bei dieser Stufe auch der Nutzer aktiv zur Lüftung beitragen, beispielsweise durch Stoßlüftung über die Fenster.

Lüftungsstufe 4 – Intensivlüftung (IL)

Die vierte und höchste Stufe dient dem zeitweisen Betrieb mit erhöhtem Luftvolumenstrom zum Abbau von Lastspitzen. Diese entstehen typischerweise durch Aktivitäten wie Kochen oder die Anwesenheit vieler Personen. Auch hier kann das Fensterlüften durch die Bewohner als unterstützende Maßnahme eingeplant werden

Systematische Konzepterstellung in vier Schritten

Die Erstellung eines Lüftungskonzepts nach DIN 1946-6 erfolgt in einem strukturierten Vier-Schritte-Verfahren, das eine methodische und nachvollziehbare Planung ermöglicht.

Schritt 1: Ermittlung der Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen  

In einem ersten und fundamentalen Schritt muss überprüft werden, ob die vorhandenen Undichtigkeiten im Gebäude eine ausreichende Lüftung zum Feuchteschutz gewährleisten (Lüftungsstufe 1) oder ob zusätzliche lüftungstechnische Maßnahmen erforderlich sind.

Diese Bewertung erfolgt durch den Vergleich zweier berechneter Werte: dem tatsächlich durch Leckagen erreichten Volumenstrom durch Infiltration (Ist-Wert) und dem benötigten Volumenstrom zum Feuchteschutz (Soll-Wert).

Volumenstrom durch Infiltration (Ist-Wert)

qv,Inf,Konzept = ez,KonzeptVNEn50

qv,Inf,Konzept wirksamer Luftvolumenstrom durch Infiltration zum Nachweis der Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen, in m³/h

ez,KonzeptVolumenstromkoeffizient:

  • 0,04 bei eingeschossiger Nutzungseinheit in schwachem Windgebiet
  • 0,08 bei eingeschossiger Nutzungseinheit in starkem Windgebiet
  • 0,06 bei mehrgeschossiger Nutzungseinheit in schwachem Windgebiet
  • 0,09 bei mehrgeschossiger Nutzungseinheit in starkem Windgebiet

VNE Luftvolumen der Nutzungseinheit, in m³ (die lichte Raumhöhe wird mit 2,5 m zugrunde gelegt)

n50   zu erwartender Luftwechsel bei 50 Pa Differenzdruck (Luftdichtheits-Messung).

Volumenstrom zum Feuchteschutz (Soll-Wert)

qv,ges,NE,FL = (-0,002 *ANE + 1,15 * ANE + 11) * fws

qv,ges,NE,FL Luftvolumenstrom für den Feuchteschutz in m³/h

ANE  Fläche der Nutzungseinheit in m² (die lichte Raumhöhe wird mit 2,5 m zugrunde gelegt)

 fws   Faktor zur Berücksichtigung des Wärmeschutzes:

  •  0,2 geringe Belegung, hoher Wärmeschutz (≥ 40 m²/Person, min. WschV95)
  • 0,3 geringe Belegung, geringer Wärmeschutz (≥ 40 m²/Person, schlechter WschV95)
  • 0,3 hohe Belegung, hoher Wärmeschutz (< 40 m²/Person, min. WschV95)
  • 0,4 hohe Belegung, geringer Wärmeschutz (< 40 m²/Person, schlechter WschV95)

 Liegt der berechnete Soll-Wert über dem ermittelten Ist-Wert, so ist eine lüftungstechnische Maßnahme zwingend erforderlich. Diese kann als Infiltrationsunterstützung oder als mechanische Lüftung durch ein Lüftungssystem realisiert werden.

Schritt 2: Bestimmung der Luftwechselraten für alle Lüftungsstufen 

Nach der Feststellung der grundsätzlichen Notwendigkeit werden die Abluftvolumenströme für die Lüftungsstufen 2, 3 und 4 berechnet. Dies erfolgt über die Gleichung 8 aus der DIN 1946-6:

qv,ges,NE = fLst *  (– 0,002 * ANE + 1,15 * ANE + 11)

qv,ges,NE                der Luftvolumenstrom für die Lüftungsstufe in m³/h

ANE die Fläche der Nutzungseinheit in m²

fLst  der Faktor zur Berücksichtigung der Lüftungsstufe:

  • Reduzierte Lüftung  0,7
  • Nennlüftung  1
  • Intensivlüftung 1,3

Für die Nennlüftung erfolgt zusätzlich ein Abgleich mit den in der Norm festgelegten Mindestabluft-Volumenströmen für verschiedene Raumtypen (Tabelle 1), wie z. B. Küche oder Hobbyraum.

Der jeweils höhere Wert aus Berechnung und Mindestanforderung bestimmt dann anschließend die tatsächlich anzusetzende Luftwechselrate.

Tabelle 1: Gesamt-Abluftvolumenstrom bei ventilatorgestützter Lüftung
Raum Gesamt-Abluftvolumenströme
qv,ges,R,ab (m³/h)
Nennlüftung
Hausarbeitsraum 20
Kellerraum (z.B. Hobbyraum)
WC
Küche, Kochnische 40
Bad mit/ohne WC
Duschraum
Sauna bzw. Fitnessraum 40
Tabelle 2: Aufteilungsfaktoren nach Räumen
Raum Aufteilungsfaktor
Wohnzimmer 3 (± 0,5)
Schlaf-/Kinderzimmer (min. 1 5 m3/Pers.) 2 (± 1 )
Esszimmer 1 ,5 (± 0,5)
Arbeitszimmer
Gästezimmer
  • Bild 3: Ein zentrales Lüftungsgerät lässt sich beispielsweise in der abgehängten Decke oder direkt in der Wand montieren und ist somit nahezu unsichtbarQuelle: Helios Ventilatoren
  • Bild 4: Für Einzelräume, Wohnungen oder das ganze Haus – ein dezentrales Lüftungssystem besteht aus mindestens zwei Lüftungsgeräten und eignet sich auch für die Sanierung, da die Verlegung eines Luftverteilsystems entfälltQuelle: Helios Ventilatoren

Schritt 3: Aufteilung der Luftvolumenströme auf die Zulufträume      

Die ermittelten Gesamtluftvolumenströme werden anschließend proportional auf die verschiedenen Zulufträume verteilt. Die Norm empfiehlt hierzu spezifische Aufteilungsfaktoren, die den unterschiedlichen Nutzungsanforderungen der Räume Rechnung tragen (Tabelle 2).

Schritt 4: Auswahl der geeigneten lüftungstechnischen Maßnahme  

Der abschließende Schritt umfasst die Auswahl des geeigneten Lüftungssystems. Grundsätzlich stehen zwei Hauptkategorien zur Verfügung: freie Lüftung und ventilatorgestützte Lüftung.

Diese beiden Systeme gewährleisten den erforderlichen Luftaustausch ohne kontinuierliche Nutzereingriffe, unterscheiden sich jedoch in ihrer Auslegung und Leistungsfähigkeit.

Freie Lüftungssysteme werden typischerweise nur bis zum Feuchteschutz oder der reduzierten Lüftung ausgelegt. Sie nutzen natürliche Druckdifferenzen und sind wartungsarm, aber wetterabhängig und in ihrer Leistung begrenzt.

Ventilatorgestützte Systeme hingegen werden bis zur Nennlüftung ausgelegt und bieten deutlich mehr Kontrolle und Zuverlässigkeit.

Hier stehen sowohl zentrale (Bild 3) als auch dezentrale (Bild 4) Varianten zur Verfügung, jeweils als reine Abluftsysteme oder als Zu- und Abluftsysteme mit Wärmerückgewinnung. Bild 5 enthält eine anschauliche Auflistung aller der Norm entsprechenden Möglichkeiten.

  • Bild 5: Alle geeigneten lüftungstechnischen Maßnahmen im ÜberblickQuelle: Helios Ventilatoren

Fazit und Ausblick

Die DIN 1946-6 bietet einen systematischen und praxiserprobten Rahmen für die Erstellung normkonformer Lüftungskonzepte. Durch die strukturierte Herangehensweise in vier Schritten ermöglicht sie eine fundierte Planung, die sowohl den Schutz der Bausubstanz als auch die Gesundheit der Bewohner gewährleistet.

Die verschiedenen Lüftungsstufen berücksichtigen dabei realistische Nutzungsszenarien und bieten ausreichend Flexibilität für unterschiedliche Gebäudetypen und Anforderungen.

Der zweite Teil dieser Beitragsserie, der voraussichtlich in Ausgabe 21/2025 erscheint, wird sich der DIN 18017-3 widmen und die spezifischen Anforderungen für die Lüftung innenliegender Bäder und Toiletten behandeln.

Für Schnellleser

In der Norm DIN 1946-6 werden die Anforderungen an den Luftaustausch für alle Arten von Wohngebäuden sowohl im Neubau als auch in der Sanierung beschrieben

Im Mittelpunkt stehen dabei vier Lüftungsstufen. Diese definieren unterschiedliche Intensitäten des Luftwechsels, die sich aus variierenden Nutzungen ableiten

Quelle: 

de – das elektrohandwerk

Autor

Thorsten Fiedel, Leitung Schulungswesen, Helios Ventilatoren, Villingen-Schwenningen